
Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokrat:innen im Gesundheitswesen – ASG Heidelberg – Mannheim – Rhein-Neckar
Januar 2025
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz
tritt in Kraft. Es gilt als wichtiges Reformgesetz für unsere Krankenhäuser. Fragen und Antworten dazu gibt es hier:
Warum war eine Krankenhausreform erforderlich?
Insgesamt haben wir in Deutschland sehr leistungsfähige Krankenhäuser. Doch viele befinden sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Diese ist nicht erst durch aktuelle Entwicklungen (Pandemie, Energiepreissteigerung, höhere Personalkosten) entstanden. Seit vielen Jahren investieren die Länder zu wenig in ihre Krankenhäuser. Viele versuchen daher, möglichst viele Behandlungen durchzuführen, mit denen sie ihre Einnahmen steigern können. Wer das nicht schafft, steht vor dem wirtschaftlichen Aus. So hat auch in Baden-Württemberg die Zahl der Krankenhäuser von 265 im Jahr 2017 auf 194 im Jahr 2024 abgenommen. Im gleichen Zeitraum hat sich die Bettenzahl um 2.228 reduziert.
Was wollte die Bundesregierung mit der Reform ändern?
Wesentliches Ziel ist es, dass die Krankenhausbehandlung dem Bedarf der Bevölkerung entspricht. Gute Behandlungsqualität und ein ausreichendes Angebot in der Fläche sollen gleichermaßen gewährleistet werden. Ziel der Reform ist daher eine Spezialisierung mit verschiedenen Behandlungsstufen und Leistungsgruppen. Menschen sollten bei Notfällen besser versorgt werden, z.B. in einer geeigneten Spezialeinheit. Das bisherige Fallpauschalensystem soll durch Vorhaltevergütungen ergänzt werden, die eine flächendeckende Versorgung mit Krankenhäusern sichern.
Weshalb gab es Widerstände gegen die Reform aus vielen Bundesländern?
Derzeit gibt es in jedem der 16 Bundesländer eine unterschiedliche Krankenhausplanung. Sie ist untereinander nicht vergleichbar. Die Planung für Baden-Württemberg stammt aus dem Jahr 2010. Zur Notfallversorgung gibt es in Baden-Württemberg keine Regelung im Krankenhausplan des Landes. Auch die Höhe der Krankenhausinvestitionen unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Die Länder wollten verhindern, dass der Bund in die Landesplanungen eingreift.
Wer finanziert die Reform?
Die Krankenhausreform hilft, die Mittel für die Behandlung an die richtige Stelle zu leiten. Doch jeder Umbau kostet erst einmal Geld. Diese Finanzmittel hätten von den Ländern evtl. mit Unterstützung des Bundes getragen werden müssen. Weil unter der Schuldenbremse für diesen Umbau kein Geld zur Verfügung gestellt wurde, sollen die erforderlichen Investitionen größtenteils von den gesetzlich Versicherten getragen werden. Das ist ungerecht, weil die bessere Versorgung allen – auch privat Versicherten – zugutekommt. Hier muss nachgebessert werden. Die Krankenhausreform nutzt allen. Deshalb muss sie auch von allen finanziert werden.
Müssen jetzt Krankenhäuser schließen?
Nein, im Gegenteil. Die Reform ermöglicht bedarfsgerechten Kliniken, die regional die Versorgung sichern, das Überleben. Mit der Reform erhalten sie ein Vorhaltebudget. Dies deckt etwa 60% ihrer Ausgaben. Das ermöglicht diesen Häusern die regionale Versorgung, selbst wenn sie vergleichsweise wenige Behandlungen anbieten. Bereits heute vorhandene Zuschläge für bedarfsnotwendige Krankenhäuser und in der Geburtshilfe werden dadurch erhöht.
Durch die ebenfalls vorgesehene Verbindung mit der ärztlichen und pflegerischen Vor-Ort-Versorgung profitieren auch Krankenhäuser, deren Fortbestand auf Grund des geringen stationären Versorgungsbedarfs in der Region nicht gesichert wäre.
Woher nehmen wir das Personal?
Das bisherige System hat an einigen Stellen Anreize gesetzt, immer mehr Patientinnen und Patienten mit immer weniger Ressourcen zu versorgen – zum Teil konnte das auch Auswirkungen auf die Behandlungsqualität haben. Mit der geplanten Einführung einer Vorhaltevergütung werden Anreize für Mengensteigerungen gedämpft. Somit könnte das Personal entlastet werden, ohne dass es zu finanziellen Verlusten für die Klinik kommt. Berufszufriedenheit und Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung würden sich verbessern.
Wenn sich Arbeitsbedingungen verbessern, könnten allein in den Pflegeberufen bis zu 300.000 Vollzeitkräfte zusätzlich gewonnen werden. Das haben in einer großen Studie die Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit der Arbeitskammer des Saarlandes, der Arbeitnehmerkammer Bremen und dem Institut für Arbeit und Technik in NRW festgestellt. Wenn die Arbeitsbedingungen stimmen, könnte sich eine große Zahl von ehemaligen Beschäftigten in Gesundheitsberufen vorstellen, in den Beruf zurückzukehren und Teilzeitkräfte würden ihre Arbeitszeit aufstocken.
Ohne eine weitreichende Reform der Krankenhausfinanzierung könnten vor allem kleinere Häuser nachhaltig in wirtschaftliche Schieflage geraten. Zahlreiche Beschäftigte in diesen Krankenhäusern würden OHNE Reform ihren Arbeitsplatz verlieren.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Neuregelungen der Krankenhausreform werden schrittweise umgesetzt. Die Länder können jetzt ihre Krankenhausplanungen anpassen und den Kliniken Leistungsgruppen zuweisen. Dazu haben sie bis Ende 2026 Zeit.
Was heißt die Reform für unsere Region?
Die Region Heidelberg/Rhein-Neckar/Mannheim verfügt über eine sehr differenzierte Krankenhauslandschaft mit großen Kapazitäten. Die Probleme der Krankenhäuser St. Vincentius und Salem in Heidelberg und die großen Defizite etwa des Uni-Klinikums Mannheim oder der GRN-Kliniken zeigen, dass es auch in unserer Region erheblichen Reformbedarf gibt. Für das angestrebte, bisher vom Kartellamt beanstandete Zusammengehen der Uni-Kliniken Heidelberg und Mannheim könnte sich aufgrund der Reform eine neue Chance ergeben. Doch auch das Land steht in der Pflicht, durch Investitionen und eine Modernisierung der Krankenhaus-Planung unsere regionale Gesundheits-Struktur fit für die Zukunft zu machen.
Nützliche Weblinks für alle, die es genauer wissen wollen:
ASG-Baden-Württemberg: Interview mit MdB Heike Baehrens